Schnatterbox » Schulabschluss per Ein-Euro-Job

Neumünster / ro - "Ich bin irgendwann einfach nicht mehr zur Schule gegangen. Mit 15 habe ich gemerkt, dass das nicht geht", sagt Annika Koch aus Faldera. Heute ist sie 16 und hat seit gestern ihren Hauptschulabschluss in der Tasche.

Das Besondere daran: Sie gehört zu den 20 jungen Arbeitslosengeld-II-Empfängern, die das seit Anfang Oktober 2006 mit Hilfe des Dienstleistungszentrums (DLZ) der Arge Neumünster im Rahmen eines Ein-Euro-Jobs geschafft haben. Die Arbeitsgelegenheit stellte in ihrem Fall die Awo Service GmbH. 15 Stunden pro Woche absolvierte Koch dort ein Praktikum, wurde so an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt herangeführt. Weitere 15 Stunden in der Woche ging es zum Elementarunterricht an der Volkshochschule, der auf die jetzt erfolgreich bestandene Hauptschulprüfung vorbereitete.
Für Annika Koch hat sich das perfekt aufeinander abgestimmte Lern- und Arbeitsrepertoire gelohnt. "Ich möchte auf jeden Fall etwas machen, nicht zu Hause rumsitzen", sagt sie. Genaue Vorstellungen für eine Berufsausbildung hat sie auch schon: Hauswirtschaft würde ihr liegen.

Ohne Schul- und Berufsausbildung gibt es kaum Arbeit. "Der Boom am Arbeitsmarkt geht an Ungelernten vorbei", sagt der Leiter des Dienstleistungszentrums, Rolf-Dieter Brüggen. Der Schulabschluss sei daher nur ein erster Schritt. Die guten Ergebnisse der Vorgängermaßnahme machen DLZ-Teamleiter Peter Baade zuversichtlich: "Von 24 Absolventen waren sechs Monate nach Ende der Förderung 15 in Ausbildung und zwei in Erwerbstätigkeit."

Auch dabei unterstützt das Dienstleistungszentrum. 18 junge ALG-II-Empfänger meisterten jetzt eine überbetriebliche duale Ausbildung in der Grone-Schule und Kooperationsbetrieben zum Fachlageristen und Verkäufer.

Chancen, auf die auch Andreas Fischer setzt. Der 23-jährige Neumünsteraner startete nach der Förderschule ohne Berufsausbildung ins Arbeitsleben. "Als Ungelernter merkte ich, dass das zunehmend schwieriger wird", sagt er. Vier Jahre lang arbeitete Fischer als Elektrohelfer, dann wurde er arbeitslos und hatte zuletzt einen Ein-Euro-Job bei der Tierauffangstelle Neumünster.

Die Möglichkeit, jetzt den Hauptschulabschluss zu erwerben, griff er deshalb dankbar auf. Fischer: "Ich bin Legastheniker. Der Schulbesuch an der VHS hat mir schon sehr viel weiter geholfen. Das Selbstbewusstsein ist ungemein gewachsen." Jetzt will er auch eine Ausbildung packen. Nächste Woche steht für den jungen Mann die Führerscheinprüfung an - heute auch eine Grundvoraussetzung für einen Job.